Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit: Umfassende Weiterentwicklung des EU-Stoffrechts
Die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit ("Chemical Strategy for Sustainability" - kurz CSS) wurde am 14. Oktober 2020 von der EU-Kommission vorgestellt. Gerade für die chemische Industrie ist diese Initiative eine der wesentlichsten Maßnahmen im Rahmen des EU Green Deals, und zwar nicht nur für die kommenden Jahre, sondern als Langzeitprojekt.
Mit einem umfangreichen Aktionsplan mit mehr als 50 legislativen und nicht-legislativen Maßnahmen soll diese Strategie der Schritt zu einer schadstofffreien Umwelt in Europa sein. Im Zentrum stehen dabei Maßnahmen, um die Entwicklung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien zu fördern und gleichzeitig besorgniserregende Chemikalien zu ersetzen.
Dazu sollen die Verordnungen REACH ("Registration, Evaluation und Authorisation of Chemicals") und CLP ("Classification, Labelling and Packaging"), die seit mehr als einem Jahrzehnt die rechtlichen Grundlagen für das EU – Stoffrecht bilden, überarbeitet und angepasst werden. Für die technische und organisatorische Umsetzung all dieser Regelungen ist die Europäische Chemikalienagentur - ECHA zuständig, deren Kompetenzen mit der Chemikalienstrategie weiter ausgebaut werden.
Geht es nach der Vorstellung der EU–Kommission sollen in der CLP-Verordnung neue Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren, persistente Chemikalien, später dann auch andere chronische Gesundheitsgefahren, wie Immuno- und Neurotoxizität verankert werden.
Zum weiteren Schutz der Konsumenten, Arbeitnehmer und besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen soll das gefahrenbasierte Risikomanagement von diesen besorgniserregenden Chemikalien unter REACH und weiteren nachgelagerten Rechtsmaterien ausgebaut werden. Nur mehr „wesentliche Verwendungen“ sollen für diese Stoffe zukünftig noch erlaubt sein.
Ersten Einschätzungen zufolge können – in Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung der Einstufungskriterien – bis zu 14.000 Stoffe von diesen neuen Maßnahmen betroffen sein. Das sind knapp 15% aller auf dem EU-Markt befindlichen Stoffe.
Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs begrüßt die Ziele der neuen Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit, Menschen und Umwelt zu schützen und gleichzeitig Innovationen für sichere und nachhaltige Chemikalien zu fördern. Wichtig dabei ist allerdings, ein besseres Gleichgewicht zwischen Verboten von Chemikalien auf der einen und der Forcierung von Technologielösungen auf der anderen Seite zu finden, um den Green Deal Wirklichkeit werden zu lassen. Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft funktionieren nur mit Innovationen der chemischen Industrie.
Neben REACH und CLP umfasst das EU-Stoffrecht auch viele Spezialregelungen, wie beispielsweise die EU Biozidprodukteverordnung, die hinsichtlich der neuen Gefahrenmerkmale voraussichtlich ebenfalls angepasst wird. Biozidprodukte bestehen aus einem oder mehreren Wirkstoffen, die dazu bestimmt sind, bestimmte Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken oder unschädlich zu machen. Nach der Genehmigung der Wirkstoffe auf EU-Ebene müssen alle Biozidprodukte entweder auf nationaler oder EU-Ebene zugelassen werden. Desinfektionsmittel, Schutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und weitere Biozidprodukte werden in 22 Produktarten eingeteilt.
In Österreich sind diese EU-Verordnungen sowie weitere stoffrechtliche Regelungen im Chemikaliengesetz und im Biozidproduktegesetz mit zusätzlichen Durchführungs-verordnungen verankert. Weitere Schwerpunkte betreffen globale Konventionen (Rotterdam, Stockholm) und deren EU-Umsetzung (PIC-Verordnung, POP-Verordnung) aber auch horizontale Themen, wie beispielsweise Nanomaterialien.
Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit - CSS
Sichere und nachhaltige Chemikalien im Fokus
Die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit ("Chemical Strategy for Sustainability" - kurz CSS) wurde am 14. Oktober 2020 von der EU-Kommission vorgestellt. Gerade für die chemische Industrie ist diese Initiative eine der wesentlichsten Maßnahmen im Rahmen des EU Green Deals, und zwar nicht nur für die kommenden Jahre, sondern als Langzeitprojekt. Mit einem umfangreichen Aktionsplan mit mehr als 50 legislativen und nicht-legislativen Maßnahmen soll dieser Schritt gelingen.
Die Vision einer schadstofffreien Umwelt in Europa soll durch folgende fünf Schwerpunktsetzungen möglich werden. Im Zentrum stehen dabei Maßnahmen, um die Entwicklung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien zu fördern und gleichzeitig besorgniserregende Chemikalien zu ersetzen:
- Innovationen für sichere und nachhaltige EU Chemikalien
Schlagworte wie "sicher und sustainable-by-desing", "nicht-toxische Materialzyklen", "Grüne Chemie und Digitalisierung" sowie "Stärkung der Chemikalienautonomie der EU" finden sich in diesem Abschnitt - Stärkerer EU-Rechtsrahmen zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsbedenken
Zum Schutz der Konsumenten, Arbeitnehmer und besonders gefährdet Bevölkerungsgruppen soll das gefahrenbasierte Risikomanagement von besorgniserregenden Chemikalien (CMR-Stoffe, endokrine Disruptoren, persistente und bioakkumulierbare Chemikalien, später dann auch andere chronische Gesundheitsgefahren) gestärkt werden. Zusätzlich soll die Bevölkerung vor Kombinationseffekten von Chemikalien geschützt werden und letztlich soll die Umweltverschmutzung durch Chemikalien verringert werden, indem persistente und mobile Chemikalien besondere Berücksichtigung finden. - Vereinfachung und Konsolidierung des rechtlichen Rahmens
Ein Stoff soll künftig nur einmal auf EU-Ebene bewertet werden und nicht in jeder spezifischen Rechtsmaterie. Zusätzlich soll ein stärkere Fokus auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften (besonders erwähnt werden Importe und On-line Marktplätze) gelegt werden. - Umfassende Wissensbasis für Chemikalien
- Vorbild für ein weltweit solides Chemikalienmanagement
Insbesondere sollen die Verordnungen REACH ("Registration, Evaluation und Authorisation of Chemicals") und CLP ("Classification, Labelling and Packaging"), die seit mehr als einem Jahrzehnt die rechtlichen Grundlagen für das EU – Stoffrecht bilden, überarbeitet und angepasst werden.
Geht es nach der Vorstellung der EU–Kommission sollen in der CLP-Verordnung neue Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren, persistente Chemikalien, später dann auch andere chronische Gesundheitsgefahren, wie Immuno- und Neurotoxizität verankert werden.
Zum weiteren Schutz der Konsumenten, Arbeitnehmer und besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen soll das gefahrenbasierte Risikomanagement von diesen besorgniserregenden Chemikalien unter REACH und weiteren nachgelagerten Rechtsmaterien ausgebaut werden. Nur mehr „wesentliche Verwendungen“ sollen für diese Stoffe zukünftig noch erlaubt sein.
Außerdem sollen im Rahmen der Chemikalienstrategie auch noch spezifische Rechtsmaterien, beispielsweise für Spielzeug, kosmetische Mittel oder Detergenzien angepasst werden. Auch Erzeugnisse sollen im Rahmen der Initiative für nachhaltige Produkte strenger geregelt werden, un zwar mit einem starken Fokus auf die Kreislaufwirtschaft.
Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs begrüßt die Ziele der neuen Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit, Menschen und Umwelt zu schützen und gleichzeitig Innovationen für sichere und nachhaltige Chemikalien zu fördern. Wichtig dabei ist allerdings, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Verboten von Chemikalien auf der einen und der Forcierung von Technologielösungen auf der anderen Seite zu finden und die Innovationen auch durch entsprechend zielgerichtete Maßnahmen zu fördern.
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REACH
REACH geht auch nach letzter Registrierungsphase weiter
Das Kürzel "REACH" steht für die EU-Verordnung zur "Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien", die seit mehr als 10 Jahren in der Europäischen Union in Kraft getreten ist und eine grundlegende Neuerung der Stoffpolitik in Europa darstellt. Durch die Verlagerung der Verantwortung für den sicheren Umgang von Stoffen auf die Hersteller und Importeure und die Zielsetzung, die Kommunikation in der Lieferkette merklich zu verbessern, kamen durch REACH neue Aufgaben und Herausforderungen auf sehr viele Unternehmen zu, und zwar nicht nur für die Chemiewirtschaft, sondern für weite Bereiche von Industrie, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen.
Über das letzte Jahrzehnt wurde unter REACH die weltgrößte, öffentlich zugängliche Chemiedatenbank etabliert. Informationen zu den Eigenschaften und der sicheren Verwendung von mehr als 22.750 Stoffen wurden bisher im Rahmen der REACH Registrierungen gesammelt. Nun gilt es, die Registrierungsdossiers auf aktuellem Stand zu halten. Neben einigen regulatorischen Präzisierungen hat der europäische Chemieverband CEFIC dazu einen Aktionsplan zur Verbesserung der Dossierqualität entwickelt.
Die Übermittlung der Dossiers an die europäische Chemikalienagentur ist aber nur der Startschuss unter REACH. Die nach der Evaluierung durch ECHA oder die Mitgliedstaaten vorgeschlagenen regulatorischen Risikomanagementmaßnahmen betreffen Zulassungen von besonders besorgniserregenden (SVHC-) Stoffen und Beschränkungen.
Umfangreiche Informationen sind auf der Website der Europäischen Chemikalienagentur - ECHA transparent dargestellt. Als Fachverband unterstützen wir gemeinsam mit der umweltpolitischen Abteilung der WKÖ die chemischen Industrie Österreichs mit Veranstaltungen, Praxisanleitungen und unternehmensspezifischer Beratung. Gleichzeitig bringen wir uns aktiv in die Diskussionen zur Optimierung von REACH ein, um die Machbarkeit und den Verwaltungsaufwand - besonders für kleine und mittlere Unternehmen – zu verbessern.
CLP - Verordnung
EU Implementierung vom internationalen Einstufungs- und Kennzeichnungssystem (UN-GHS) für Chemikalien abgeschlossen
Mit der CLP-Verordnung wurde bereits Ende 2008 die Verankerung der internationalen Regelungen zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (UN GHS - Globally Harmonised System of Classification and Labelling of Chemicals) in den EU-Rechtsbestand übernommen. Schrittweise wurden die Stoff- und Zubereitungsrichtlinie durch die CLP-Regelungen ersetzt. Spätestens seit 1. Juni 2017 dürfen in der EU nur mehr gefährliche Stoffe und Gemische in Verkehr gebracht werden, die nach den Regelungen der dieser Verordnung eingestuft und gekennzeichnet sind.
Die CLP-Verordnung wird regelmäßig an den technischen Fortschritt angepasst, und zwar aus folgenden Gründen:
- Verankerung neuer Revisionen des UN-GHS
- neue oder geänderte harmonisierte Einstufungen
- EU-spezifischen Vorgaben, wie beispielsweise die harmonisierte Meldung von gefährlichen Gemischen an Vergiftungsinformationszentralen oder Detailregelungen für flüssige Waschmittelgelkapseln
Mittlerweile wurden bereits mehr als ein Duzend Änderungen im EU-Amtsblatt veröffentlicht.
Biozidprodukte
Biozidprodukte sind Stoffe, Gemische oder behandelte Waren mit primärer Biozidfunktion, die aus einem oder mehreren Wirkstoffen bestehen, diese enthalten oder erzeugen und die dazu bestimmt sind Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken oder unschädlich zu machen. Produkte, die lediglich physikalisch oder mechanisch wirken, sind keine Biozidprodukte.
Sie werden in vielen Bereichen des privaten oder beruflichen Lebens gegen Schädlinge und andere Schadorganismen eingesetzt und je nach Anwendungsbereich in vier Hauptgruppen sowie 22 Produktarten unterteilt.
Biozidprodukte müssen grundsätzlich vor ihrer Bereitstellung und Verwendung zugelassen werden.
Die Verordnung über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (VO (EU) Nr. 528/2012) beschreibt ein zweistufiges Zulassungsverfahren. Nach der Genehmigung des bioziden Wirkstoffs müssen die entsprechenden Biozidprodukte geprüft und zugelassen werden, damit sie in der EU auf dem Markt bereitgestellt und verwendet werden dürfen. Zudem sind spezielle Anforderungen an die Kennzeichnung und bei der Werbung zu beachten.
Die EU-Verordnung gilt seit 1. September 2013 in allen Mitgliedsstaaten.
Im Juni 2021 hat die Europäische Kommission einen Bericht an EP und Rat über die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (COM(2021) 287) vorgelegt, der auf die langsamen Fortschritte bei der Bewertung alter Wirkstoffe im Prüfprogramm und die erheblichen Verzögerungen in Genehmigungs- und Zulassungsverfahren eingeht.
Endokrine Disruptoren
Wir beeinflussen unser Hormonsystem täglich auf verschiedenste Weisen – durch die Aufnahme von natürlichen Pflanzenhormonen in Lebensmitteln (Phytoöstrogene in Hülsenfrüchten, Getreide, Bier) oder durch Medikamente (Pille; Wechseljahresbeschwerden) – aber auch der Konsum von Speisesalz oder Kaffee oder auch sportliche Aktivitäten sowie Stress beeinflussen den Hormonhaushalt. Die Effekte durch synthetische Stoffe beispielsweise durch Übertritte aus dem Lebensmittel-Verpackungsmaterial in das Lebensmittel stellen nur einen kleinen Teil dieser Einflüsse dar.
Es ist unbestreitbar wichtig, Stoffe zu identifizieren, die hormonell schädliche Eigenschaften besitzen („endocrine disrupting chemials“ - EDC), und die in direktem Kontakt mit den Menschen oder der Umwelt kommen können – wo es also eine relevante Exposition gibt. Solche Stoffe gehören reglementiert. Ebenso wichtig ist es jedoch, solche Stoffe zu identifizieren, die diese Eigenschaften nicht haben, und dies auch von Behördenseite zu kommunizieren, damit diese Stoffe nicht ungerechtfertigterweise Beschränkungen unterliegen. Konkret sollen solche Stoffe beispielsweise von der EU-Liste potentieller endokriner Disruptoren entfernt werden.
Wie identifiziert man solche Stoffe seriös?
Bei der Diskussion um die Auswirkungen von Stoffen, die unser Hormonsystem beeinflussen wird häufig kein Unterschied gemacht zwischen endokrin aktiven Substanzen und endokrinen Disruptoren, also endokrin schädlichen Stoffen. Endokrin aktive Substanzen (EAS) wirkten zwar ähnlich wie Hormone indem sie zum Beispiel an denselben Rezeptor binden, der entscheidende Unterschied ist aber, dass nur bei endokrinen Disruptoren auch eine schädliche Wirkung in Tierversuchen bekannt ist. Es ist sehr wichtig hier die richtigen Kriterien festzulegen.
Diese Kriterien sollen als Grundlage die gängige Definition der WHO verwenden ( WHO/IPCS 2002) “ein exogener Stoff oder Gemisch, der/das die Funktion(en) des endokrinen Systems verändert und folglich schwerwiegende Gesundheitseffekte in einem intakten Organismus, seiner Nachkommenschaft oder seines Bestandes verursacht.”
Eine reine Interaktion mit den verschiedenen Hormonachsen darf daher nicht ausreichen, um einen Stoff einer Beschränkung zu unterziehen – es muss auch ein Zusammenhang bestehen zwischen dem schädlichen Effekt und dem Mode of Action – also dem Wirkmechanismus! Darüber hinaus soll bei der Bewertung berücksichtigt werden, ob die Effekte einen kritischen Schweregrad haben sowie irreversibel sind.
Eine weitere kritische Diskussion ist in diesem Zusammenhang das Vorhandensein oder Fehlen eines Schwellenwertes – also einer Aufnahmemenge, die für den Körper unbedenklich ist. Auf EU Ebene wird vielfach angenommen, dass Endokrine Disruptoren standardmäßig keine Wirkschwelle haben. Dass also bei solchen Stoffen, bei denen bislang keine Wirkschwelle gefunden wurde, angenommen wird, dass es keine gibt. Diese Vorgehensweise ist abzulehnen, da es dafür ebenso wenig Beweise gibt, wie für den Umkehrschluss – dass alle EDC per definitionem einen Schwellenwert besitzen.
Der Focus bei der Betrachtung von EDC liegt derzeit viel zu sehr auf der Seite der Gefahr – dem Hazard- und zu wenig auf Risiko – Risk. Die Gefahr, die von einem Stoff ausgeht, muss in Relation zu der Wahrscheinlichkeit einer Exposition gesetzt werden. Ein Stoff, der zwar gesundheitsschädlich ist, aber nie in Kontakt mit dem Menschen oder der Umwelt kommen kann, oder in so geringen Mengen, dass er keine schädliche Wirkung ausüben kann, muss als sicher angesehen werden.
Das gilt beispielsweise für Kunststoffverpackungen, in denen Stoffe in gebundener Form vorliegen. Die Beweglichkeit innerhalb des Polymers ist gering, und eine Freisetzung langsam, wenn überhaupt. Insbesondere hier ist also eine fundierte Risikobewertung nötig.
Abschließend muss noch festgehalten werden, dass eine Risikobewertung an einem bestimmten Punkt auch aufhören soll – am Beispiel Bisphenol A: Wenn eine EU Behörde nach jahrelangen Evaluierungen zu der Erkenntnis kommt, dass es unter Berücksichtigung aller möglichen Expositionspfade zu keinen schädlichen Wirkungen kommt, sollte man es dabei belassen – und nicht zusätzlich national oder EU-weit beschränken.
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Nanomaterialien
Die wirtschaftliche Bedeutung von Nanomaterialien ist über die vergangenen Jahre stark gewachsen, nicht zuletzt da sie zur Lösung von wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen, beispielsweise im Bereich von Hygiene und Gesundheit sowie beim Klimaschutz betragen. Diese Entwicklungen führen zu einer verstärkten Forderung nach einer Risikobewertung von Nanomaterialien, im Sinne des Arbeitsschutzes, sowie einer sicheren Verwendung von Nano-Produkten. Da die Nano-Form eines Stoffes nicht per se gefährlicher ist als seine nicht nanoskalige Form, bedarf es einer speziellen, Fall-zu-Fall basierten Risikobewertung. Am Anfang dieser steht eine einheitliche Definition, über die viel diskutiert wird.
Nano und REACH
Die Europäische Kommission ist der Meinung, dass REACH der beste Rahmen für die Risikobewertung von Nanomaterialien ist. Die Verpflichtung, eine Risikobewertung für alle Formen durchzuführen, die auf den Markt gebracht werden, inkludiert unter der derzeit gültigen REACH-Verordnung auch Nanomaterialien. Um der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung von Nanomaterialien Rechnung zu tragen wurden eine Reihe von Adaptierungen in REACH/CLP, wie zum Beispiel Leitlinienadaptierungen, sowie bei Testmethoden durchgeführt. Eine individuelle Erfassung von Nanoformen im Registrierungsdossier ist durch spezifische Informationsverpflichtungen nötig.
Nano-Definition
Die "Commission Recommendation 2011/698/EU on the definition of nanomaterial" beschreibt die Kriterien, nach denen ein Stoff ein Nanomaterial ist. Diese Empfehlung gilt für ungebundene Nano-Partikel, für Agglomerate und für Aggregate. Während bei Agglomeraten Nano-Partikel lose gebunden sind, und somit leicht in einen ungebundenen Zustand gebracht werden können, sind bei Aggregaten die Nano-Partikel miteinander verschmolzen bzw. liegt eine feste Bindung vor. Wenn die Trennung der Primärpartikeln nur unter Anwendung großer mechanischer Kraft möglich ist, sehen wir die Bezeichnung solcher Materialien als Nano sehr kritisch und empfehlen daher Aggregate aus der Definition auszunehmen.
EUON
Unter dem Namen „Europäische Beobachtungsstelle der Europäischen Union für Nanomaterialien“ betreibt die ECHA eine Webseite, mit der Stakeholder sachlich und neutral über Nanomaterialien informiert werden. Die Inhalte richten sich an ein breites Publikum, darunter Verbraucher, Arbeiter, Regulierungsbehörden und Wissenschaftler. Link zum EUON
Sicherheit von Nanomaterialien
Produkte, die Nanotechnologie beinhalten, können entweder selbst Nanostrukturen haben – wie zum Beispiel Siliziumnanodrähte auf einer Siliziumscheibe, oder Nanoporen besitzen (Kunststoffmembranen mit Poren im Nanobereich, die in der Trinkwasseraufbereitung eingesetzt werden), oder Partikeln in Nanogröße beinhalten (Titandioxid in Sonnenschutzmittel oder Silikatnanopartikel in Lack zur Erhöhung der Kratzfestigkeit). Von Produkten mit Nanostrukturen und solche, die Nano-Partikel enthalten, können theoretisch Nanopartikel freigesetzt werden. In beiden Fällen ist es jedoch so, dass ein Freisetzen der Partikel nicht erwünscht ist, da das Produkt damit die Funktion verliert. Da Nanomaterialien teuer wird, wird auch bei der Herstellung darauf geachtet, den Verlust möglichst gering zu halten, z.B. durch Dispergieren der Nanopartikel in einer Flüssigkeit (bei Pigmenten oder Füllstoffen). Das Einatmen von Staub – egal ob Nano oder größer - wird immer versucht zu vermeiden.
Die TU Dresden hat eine umfangreiches Forschungsprojekt durchgeführt - „Risikobewertung zur Freisetzung von Pigment-Nanopartikeln in die Umwelt am Ende des Life-Cycle-Prozesses (FRINano) “ – und kommt darin zum Schluss, dass eine Exposition des Endanwenders, bzw. des Konsumenten ausgeschlossen ist.
In einer umfassenden Analyse der gegenwärtigen wissenschaftlichen Literatur zu Nanomaterialien wurden keine Hinweise auf eine spezielle (Öko)toxizität von natürlichen Nanomaterialien (NM) oder künstlich hergestellten Nanomaterialien (ENM – engineered NM) gefunden. (VCI, 2015)