CO2 aus grünen Pflanzen auf dichtem grünen Busch
Dekarbonisierung

Perspektiven der Dekarbonisierung für die chemische Industrie in Österreich

Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass die chemische Industrie ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 zur Gänze eliminieren könnte. Allerdings ist dieser Weg mit enorm viel zusätzlichem Strombedarf verbunden. Wenn die Chemiebranche bis 2050 auf Erdöl und Erdgas als Rohstoff verzichtet, so bräuchte sie dafür Ökostrom in der Kapazität von 60 Wasserkraftwerken Freudenau. Das entspricht fast dem Stromverbrauch von ganz Österreich im Jahr 2016. Auch andere Industriebranchen und Sektoren wie Verkehr oder Gebäude werden entsprechende Dekarbonisierungsschritte setzen müssen, wodurch wir beim künftigen Bedarf an erneuerbarem Strom rasch an die Grenzen des technisch Machbaren stoßen.

Um klimaneutral zu produzieren, müsste die Branche ihren Kohlenstoff aus CO2-Abgasen und Biomasse beziehen, den benötigten Wasserstoff mittels Elektrolyse aus Wasser gewinnen sowie die Dampferzeugung verstromen. Diese Verfahren sind wesentlich energieintensiver als die Herkömmlichen, die Rohöl und Erdgas als Ausgangsstoffe haben.

Investitionskosten erschweren Konkurrenzfähigkeit

Abgesehen vom enormen Strombedarf und der dafür notwendigen Energieinfrastruktur müsste die chemische Industrie jährlich rund 580 Millionen Euro investieren, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Gleichzeitig ist mit einem deutlichen Anstieg der Produktionskosten zu rechnen. Zusätzlich sind Investitionen in den Ausbau von Erzeugungsanlagen, von Netzen und Speicheranlagen zu tätigen, die letztendlich die Verbraucher tragen müssen.

Durch die hohen Kosten wäre Österreichs Chemie im internationalen Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähig. Die Branche ist international ausgerichtet und exportiert mehr als zwei Drittel ihrer Erzeugnisse. Nur wenn die Maßnahmen zur Dekarbonisierung auch wirtschaftlich darstellbar sind, ist es möglich, auch andere Regionen zum Mitmachen zu bewegen.

Denn die Herausforderung Klimawandel kann nicht regional oder gar national im Alleingang gelöst werden. Der ganze Planet muss hier an einem Strang ziehen – gleichzeitig sind wir von einem globalen Gleichschritt noch weit entfernt. Die EU hat sich im Unterschied zum Rest der Welt vergleichsweise ambitionierte und konkrete Klimaziele gesetzt. In den meisten anderen Regionen der Welt stehen derartige Bestrebungen noch aus. Ein globaler CO2-Preis wäre hierfür die geeignete Lösung.

Die Dekarbonisierung stellt eine enorme Herausforderung für sämtliche Bereiche – Industrie, Haushalte, Verkehr und Landwirtschaft dar. Gleichzeitig ist gerade die chemische Industrie eine Branche, die durch ihre Innovationskraft einen erheblichen Anteil zur Dekarbonisierung leisten kann, insbesondere wird auch der Kreislaufwirtschaft dabei künftig eine große Bedeutung zukommen. Klar ist, dass ein gesellschaftliches Umdenken zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen notwendig sein wird und jeder einzelne von uns einen Beitrag leisten muss.

Im Rahmen der Studie wurden drei Szenarien (Intermediate/Ambitous/Maximum) für eine Dekarbonisierung der chemischen Industrie bis 2050 betrachtet. Die Grafik verdeutlicht ihre Auswirkungen auf CO2-Reduktion, Bedarf an sauberem Strom, abgeschiedenen CO2 und Biomasse. Der letzte Balken zeigt die jährlich nötigen Investitionskosten, die sich daraus allein für die chemische Industrie ergeben.